Die Praxis des betäubungslosen Schächtens in Deutschland muss einer umfassenden und kritischen Prüfung unterzogen werden!
Der Vizepräsident des Bayerischen Vieh- und Fleischhandelsverbandes, Reinhold Koller, nimmt die jüngsten Veröffentlichungen über illegales Schächten in einem Schlachthof in Selm in Nordrhein-Westfalen zum Anlass, die Branche zu einem klaren Bekenntnis zu Tierschutz und Tierwohl aufzurufen.
Wer mit krimineller Energie vorsätzlich gegen die ohnehin schon umstrittenen Regelungen des Schächtens in Deutschland verstößt, darf mit keinerlei Nachsicht rechnen. Wir sind strikt dagegen, dass in Deutschland ohne Betäubung geschächtet wird. Unsere Branche muss mehr denn je auf Tierwohl und Tierschutz achten
, betont Reinhold Koller in einer Stellungnahme anlässlich der Tierschutzverstöße in einem Schlachthof in Nordrhein-Westfalen. Fortgesetzte Verstöße gegen Tierschutzregelungen seien nicht hinnehmbar und müssten von allen Wirtschaftsbeteiligten geächtet werden, so Koller.
Als Schächten bezeichnet man eine ursprünglich altorientalische, ritualisierte Form des Schlachtens, bei dem die Tiere mittels eines Halsschnitts ohne Betäubung getötet werden. Die heute vor allem von Anhängern jüdischen und islamischen Glaubens praktizierten Handlungen stehen im Widerspruch zum modernen Verständnis des Tierschutzes bei der Schlachtung, weil sie für die Tiere mit erheblichen Schmerzen und Angstzuständen verbunden ist, wenn die Betäubung unterbleibt. Problematisch sind in diesem Zusammenhang nicht nur der eigentliche Entblutungsschnitt, sondern auch die entsprechenden Vorbereitungshandlungen, bei denen die Tiere manuell oder mit Hilfe spezieller Umlegeapparaturen in widernatürliche Positionen gebracht werden. Es gibt allerdings auch eine tierschutzkonforme Alternative zum Schächten, wenn die Tiere beim rituellen Schlachten vor dem Ausbluten mittels Elektrozange betäubt werden.
Koller: Es fällt mir und nicht wenigen Mitmenschen schwer, überhaupt zu akzeptieren, dass das betäubungslose Schächten aufgrund einer Ausnahmeregelung im Tierschutzgesetz derzeit in Deutschland erlaubt ist. Wenn aber die schwarzen Schafe der Branche noch nicht einmal eine Ausnahmegenehmigung beantragen, richten diese Elemente nicht nur beim Tierschutz, sondern auch beim Ansehen unseres Wirtschaftszweiges so großen Schaden an, dass keine Milde angebracht ist.
Die Praxis des betäubungslosen Schächtens in Deutschland solle anlässlich dieses Vorfalls einer umfassenden und grundsätzlichen Prüfung zugeführt werden. Immerhin hätte sich die gesellschaftliche Einstellung zum Tierschutz in den letzten Jahren so grundlegend gewandelt, dass auch die bestehenden Ausnahmeregelungen möglicherweise nicht mehr in die Zeit passten. Koller fordert die beteiligten Kreise zu einem branchenübergreifenden Dialog auf, der selbstverständlich auch die religiösen Aspekte der bisherigen Praxis intensiv beleuchten müsse.
Wir wollen keine religiösen Gruppen vor den Kopf stoßen und auch weiterhin als weltoffene und liberale Gesellschaft Gebräuche anderer Religionen nicht per se verbieten, es muss aber erlaubt sein, in gewissen Zeitabständen zu prüfen, ob Ausnahmeregelungen noch zeitgemäß sind und welche Alternativen bestehen
, so Vizepräsident Koller.